Als ich am 02.02.2018 von meiner Mitfahrgelegenheit Olaf um 15:17 in Illmenau am Bahnhof rausgelassen wurde, hatte ich zunächst ein etwas mulmiges Gefühl. Der Grund: falls das hier nicht „zündet“, habe ich meinen Urlaubstag für eine Spaßfahrt in den kalten Thüringer Wald geopfert. Ich meine, es gab noch einen Plan B… Bei Olaf fuhr noch Sammy mit! Sammy war ein Mann Ende 40, der ebenfalls das erste Mal mit einer Mitfahrgelegenheit unterwegs war und genauso wie ich in der Nähe von Illmenau ein Auto kaufen wollte. Wir hatten im Auto vereinbart, falls einer von uns beiden ein Auto kaufen sollte, so würde er den nicht-fündigen Käufer wieder mit nach Stuttgart nehmen. Die Tatsache, dass sich per Zufall ein Plan B ergab, war schon etwas erleichternd, aber trotz allem wollte man ja nicht unnötig durch die Weltgeschichte fahren um anschließend zu sagen „Jawohl, das war so gut, das mach ich jetzt öfter!“

Naja, da stand ich nun in Illmenau und wartete im Aufenthaltsraum des Bahnhofs auf den Verkäufer, bis er mich schließlich aufsammelte und wir von dort in seinen Wohnort Angelroda fuhren. Auf dem Weg dorthin hatte ich schon das Auto ein wenig mit kritischen Blicken inspiziert.

Ich: „Wieso macht denn das Getriebe ab und an solche Schläge?“

Er: „Nü, isch wes nisch, abo der Wagen üs ja nüsch mehr der jüngste“

Ich: „mhkay“

So führten wir unseren Dialog fort, während wir mit dem von ihm bezeichneten „Bomber“ in seinen Ort einfuhren. Ich meine, ich hatte bislang noch nie ein solch dermaßen heruntergewirtschaftetes Auto in Kaufabsicht begutachtet. Ich wusste gar nicht, wo ich eigentlich anfangen soll? Ist es der verwahrloste Zustand mit den Pfandflaschen hinten und dem Playmobil-Männchen im Fußraum? Oder sind es die Glassplitter im Beifahrerfußraum, die wohl durch eine gebrochene Beifahrerscheibe entstanden sind? Ist es das schlagende Getriebe oder eher das polternde Fahrwerk? Ich redete mir gut zu „Junge, da ist letztes Jahr auf der Rallye ein Trabant mitgefahren, da wird wohl der „Bomber“ hier die Tour mit links packen…“

Wir halten an – Fahrertausch!

Ich denke mir, ich lass jetzt einfach mal die 279Ps marschieren – unleash the Schwabe! Ich starte den Motor und prompt habe ich ein innerliches tiefes und dreckiges Grinsen – aber natürlich Pokerface; will ja noch handeln. Bevor ich überhaupt auf D schalte, beginne ich zu träumen, wie ich mit meinem Vater in dem V8 durch die Wälder von Skandinavien fahre. Ich lege die Fahrstufe ein und schleiche vorsichtig durch den Ort. Voller Ehrfurcht vor den acht Kolben, die im rhythmischen Takt dieses beeindruckende Brummen erzeugen, schiebe ich den Bomber durch den kleinen Ort mit 372 Einwohnern. Ich nehme einige Male im Gegenverkehr einen an uns gerichteten Gruß, der anschließend mit einem verwirrten Blick zurückgenommen wird, zu Kenntnis. Mir ist klar, dass es sich hierbei nicht um ein Begrüßungskomitee handelt, sondern nur um eine Verwechslung. Mein Beifahrer grüßt routiniert mit einem Fingerzeig zurück – alles paletti!

Wir verlassen das Ortsschild und ich drücke das Pedal langsam durch und es passiert -nichts-. Der Wagen trottet so vor sich hin und beschleunigt gemächlich. Ich schaue irritiert auf’s Kombiinstrument und frage mich, ob hier irgendwas kaputt ist oder ob hier vielleicht jemand bei der Motorenmontage die Kurbelwelle vergessen hat… Ich prüfe an der Schaltkulisse den Fahrmodus-Schalter; er steht auf S. Diese Stufe steht eigentlich für Sport/Sommer. In diesem Fall eher für „smooth“. Da ich weder respektlos noch unverschämt sein möchte, spare ich mir meine etwas irritiert-spöttische Anmerkung und beschließe, das Pedal einfach komplett durchzutreten, bis der KickDown-Schalter klackt. Spätestens jetzt muss hier doch irgendwas gehen – verdammt nochmal, irgend-etwas! Der Wagen schaltet ruppig runter und fängt an zu grölen; subjektiv geht jetzt zumindest etwas…

Die Sonne geht langsam unter und ich sehe schon die ersten Füchse, die den Hasen eine gute Nacht wünschen. Daher drehe ich um und wir fahren zurück zu seinem Haus. Wir versuchen beide zu Handeln, irgendwie zumindest. Ich spiele immer wieder mit dem Gedanken, Sammy anzurufen und zu fragen, ob er sein Auto gekauft hat. Wir handeln weiter – die 100er-Schritte haben wir hinter uns gelassen und es geht nur noch in 50er-Schritten voran. Ich überlege, ob wir dieses zähe Gespräch in 25 Euro-Schritten fortsetzen sollen? Mir ist kalt, ich habe Hunger und ich will endlich V8 fahren! „Alles klar, tausend-zweihundert-fünfzig“.

Wir füllen die Verträge aus und ich sattel die Pferde…

 

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